Wohnhaus Andreas-Hofer-Straße 38a

Wohnhaus Hartkirchweg 39a



Auf den ersten Blick nahezu unscheinbar fügt sich der Hauswürfel mit seiner puristischen Fassade aus unbehandeltem Eichenholz, Metall und Glas in eine von der Straße nach hinten versetzte Lücke ein. Das dachte sich auch die Bauherrin Petra Gaus, als sie im Sommer 2010 fast zufällig auf das brachliegende Grundstück aufmerksam wurde. Und wäre in diesem Augenblick nicht auch noch ein Anwohner mit den Worten: „Möchten Sie nicht unsere neuen Nachbarn werden!?“ herausgetreten, dann würden wir vermutlich jetzt hier nichts schreiben können.

Matthias Lange, stolzer Bewohner und Architekt dieses Würfels hatte Mut zur Lücke, als es hier um die Nachverdichtung des Ortkerns von dem Weindorf St. Georgen, einem Stadtteil von Freiburg ging.

Die 5 Häuser, die die gemeinsame Zufahrt umrahmen, bilden nicht nur baulich ein enges Miteinander, auch die Bewohner haben eine gute Gemeinschaft gebildet und von Anfang an wurde Lange und seine Familie herzlich in deren Mitte aufgenommen. Das vermeintlich schwierig zu bebauende Grundstück von nur 7 x 40m inspirierte ihn, auf kreative Art und Weise historische und zukunftsorientierte Baukultur zusammenzuführen.
Dieses Kunst-Stück ist ihm rundum gelungen. "Mein Ziel bestand darin, mich auf das Wesentliche zu beschränken und diese Denkweise in einem Gebäude in möglichst allen Bereichen umzusetzen“ betont Lange.

Angefangen bei den verwendeten Baustoffen, die baubiologisch unbedenklich und hochwertig sein sollten und damit auch dem Gedanken der Nachhaltigkeit Rechnung tragen, bis hin zur Vermeidung von Anstrichen, Kunststoffen, Kleb- und Dichtstoffen, sofern diese nicht zwingend erforderlich waren. Fast alle verwendeten Baustoffe können nach heutigen Erkenntnissen beim Abriss wieder recycelt werden (Glas, Beton, Holz, Holzdämmstoffe, Metall, Kies, etc.). „Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass unser Haus von Geburt an zu leben und auch zu altern beginnt und irgendwann hoffentlich auch das Zeitlich segnet. Unsere Architektur und nicht nur die muss sich in den Kreislauf der Natur einbinden, ansonsten haben wir was falsch gemacht“ sagt Lange.

Licht würde das Gebäude auf dem langgestreckten Grundstück mit der Grenzbebauung ausschließlich über die großflächigen Nord- und Südfassaden erhalten, wäre da im Obergeschoss nicht das eingeschobene Atrium. Zwischen dem Innen- und Außenbereich ist der Übergang durch die ebenerdigen Austritte im Erdgeschoss und auch in den oberen Bereichen fließend. Das gesamte Gebäude kommt dank gut gewählter Dachüberstände ohne aufwendigen und teuren Sonnenschutz aus. Man lehnt doch kein Geschenk der Sonne ab, nur weil es gerade zeitlich nicht passt, sondern freut sich darüber, dass die Wärme im Winter weit in die Räume reinfällt“ sagt Lange. Und wenn es im Sommer mal doch zu warm werden sollte, ist mit einer kurzen Querlüftung schnell Abhilfe geschaffen.
Die beiden Dachterrassen auf der Nordseite mit Ost- und Westsonne und auf der Südseite ermöglichen es, den ganzen Tag Sonne zu tanken. „Je nach Jahreszeit nutzen wir mal die eine oder die andere Dachterrasse“.
Sonne tanken auch die Kollektoren, die insgesamt im Winter bei Sonnenschein mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs und im Sommer mehr als uns lieb ist decken. Lange’s Energiekonzept (siehe Kasten) spricht für sich. Eine Betonkerntemperierung in Boden, Wänden und Decke ermöglicht eine Energieeinsparung von mehr als 30 % und erspart zudem den Anblick unansehnlicher Heizkörper. „Die schwere und gut in Holzrahmenbauelemente und mit Holzfaserdämmstoff eingepackte Betonmasse bügelt Temperaturschwankungen im gewissen Rahmen glatt, ohne das sich auch nur ein Rädchen in der Technik dreht. Jedoch sollte man schon ein wenig im Voraus wissen, wann denn die Großeltern vorbeikommen, denn eine rasche Temperaturerhöhung um 5 °C in allen Räume ist bei diesem Energiekonzept nicht so schnell zu erreichen. Glücklicherweise fühlen wir uns Menschen sowohl im Winter als auch im Sommer immer bei den gleichen klimatischen Bedingungen wohl“, schmunzelt Lange.

Und wenn es um Gestaltung geht - auch die herkömmlichen Steckdosen wird man in diesem Haus nicht finden. „Die lasse ich lieber mit samt der Kabelage unter unauffälligen Metallplatten im Boden verschwinden. Steckdosendesign ist vergänglich, die Metallplatten bleiben Metallplatten“ freut sich der Architekt. Das raffiniert und sehr reduziert ausgetüftelte Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung sorgt für eine gleichmäßige Durchlüftung der Räume, ein Erdkollektor für passive winterliche Aufwärmung und sommerliche Abkühlung. „Für eine Geothermieanwendung ist schon alles vorbereitet“, meint Lange. „Zum jetzigen Zeitpunkt wäre dieses jedoch mit zu hohen Investitionskosten verbunden gewesen“. Das Ziel, einmal später völlig energieautark leben zu können ist aber vermutlich sowohl unter sozialen Aspekten als auch hinsichtlich der bevorstehenden Kosten nicht realistisch. „Es ist deutlich günstiger auch mal einen Pullover anzuziehen als sich für viel Geld Technik ins Haus zu stellen“!

Gemeinsam starten wir nun unseren Rundgang: Schlicht gehalten ist der Eingangsbereich – der Boden aus Beton ist geölt und gewachst, und als sichtbare Oberfläche wirkt er im Zusammenspiel mit der dunklen Eichenholztreppe angenehm warm. Die Küche mit dem hellen Essplatz ermöglicht einen direkten Zugang zum Garten auf der Nordseite. „Dort bleibt auch im Sommer das Obst auf dem Tisch lange haltbar“. Zusammen mit dem Büro und den dazwischen geschobenen Funktionsräumen bilden sie das Fundament des Hauses, die vorrangig dem „Schaffen“ gewidmet sind. Hier befindet sich auch der Technikraum, der von hier aus auf kürzestem Wege alle Räume mit Wärme, Luft, Strom, Wasser und allen weiteren Medien versorgt.

Die lange Treppe führt in einer Linie und ohne Unterbrechung bis ganz nach oben in die Galerie, dem Lieblingsplatz des Hausherrn. Auf halber Höhe der Treppe befindet sich der Wohnbereich mit Balkon über die gesamte Frontseite. Hier steht auch der Kaminofen - das Herzstück – das die komplette Wärme für das Haus liefert, falls die Sonne einmal nicht scheint. Das schlichte Regal aus geräucherter Eiche ist eines der vielen Möbelstücke, die der Architekt selbst gebaut hat. Es ist aus dem gleichen Holz wie der dunkle Eichenboden im oberen Wohnbereich.

Die Mitte des Obergeschosses bildet das Atrium, ein geschützter Raum mit unbegrenzter Raumhöhe soweit der Himmel reicht. Begehbar ist dieses von Schlafzimmer und Badezimmer aus und gibt nicht nur Licht, sondern wirkt wie eine Oase der Stille. Das großzügige Mädchenzimmer der 12-jährigen Henriette ist nach Norden ausgerichtet und verfügt ebenfalls über einen Balkon, der die ganze Hausbreite einnimmt.

Die Galerie ganz oben ist Langes Rückzugsort und gleichzeitig auch Raum für neue Inspirationen. Dem Himmel so nah kann man je nach Sonnenstand dem Rauschen des Schilfs lauschen , das die Dachbegrünung auf der Südseite ausmacht oder aber im Schaukelstuhl auf der Nordseite sitzen und entspannen. Lange ist zufrieden: „Wenn ich hier oben am Abend sitze, dann empfinde ich das als riesiges Glück, - mehr braucht es eigentlich fast nicht!“